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Ich, Adolf Eichmann: Ein historischer Zeugenbericht, Druffel-Verlag   Sometime in Argentina Eichmann bred rabbits for a living.
     

Adolf Eichmann’s


Argentine Memoirs


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Der Schritt zum SD [72]

The Step to the Security Service

Im Spätsommer 1934 wurde ich von der Truppe zum Sicherheitsdienst (SD) versetzt... Wir arbeiteten, bekamen aber nichts bezahlt, weil der SD damals noch wenig Geld hatte: einmal lieh unser Amtschef jedem von uns zehn Mark! Erst viele Tage nach dem Monatsersten bekamen wir unser Geld, bis eines Tages der „Kassenbulle”, ein Oberscharführer namens Wettich, sagte: „Nun können wir damit rechnen, daß wir unser Gehalt pünktlich bekommen.” – Alle staatlichen Organe wachten eifersüchtig über ihre Belange, ob es nun die Reichswehr war, die Polizei oder Abwehrstellen, alle witterten im SD eine unliebsame Konkurrenz. Die Partei aber wollte natürlich vermeiden, daß ihr nach den schweren Kampfjahren ein staatlicher Sektor diesen wichtigen Informationsdienst wegnahm. – Die Rolle des SD bei der Röhm-Affäre kann ich nicht genau beschreiben.

In late summer 1934 I was transferred from the troop to the Security Service... We worked but were not paid anything because then the SD had little money: once our office chief lent each of us ten marks! Only many days after the first of the month did we receive our money, until one day the big shot at the cashier’s office, an Oberscharführer named Wettich, said: “Now we can be sure that we will receive our pay punctually.” – All state organs watched over their affairs carefully, whether it was the Reich army, the police or the defence office, all perceived the SD as unpleasant competition. But of course the party wanted to prevent a state sector from taking this important information service from it. – I cannot describe precisely the role of the SD in the Röhm affair.


Damals hieß meine Dienststelle „Sicherheitsdienst-Hauptamt”; später wurden mehrere Kameraden zur Sicherheitspolizei versetzt, andere blieben beim SD. Meine ersten vierzehn Tage beim SD verbrachte ich, wie erwähnt, mit Karteikarten. In einem großen Saale des Palais wurden inzwischen neue, gewaltige Karteikartentröge aufgestellt, zwanzig oder dreißig Stück, in denen Kolonnen von Karteikarten lagen. Jede Karteikarte hatte ungefähr die Größe einer normalen Buchseite. Da gab es eine Freimaurerkartei, eine Kartei des U. O. B., des „Unabhängigen Ordens B’nai, Brith, Söhne der Bundesjuden”, dann Karteikarten der sogenannten Geheimbünde und auch eine kleine Judenkartei. Die Karteikarten der Freimaurer waren gelb, die des U. O. B. B. rosa – bis karminrot. Zusammen mit meinem Kameraden Jänisch, meinem späteren Vorzimmerchef, kam ich nun in diesen Karteikartensaal, wo bereits sechs oder sieben Kameraden arbeiteten. Wir mußten diese 100,000 oder vielleicht 200,000 Karteikarten alphabetisch ordnen; wenn acht Mann etwa vierzehn Tage lang zu tun hatten, um alles nach Alphabet und Feinalphabet zu ordnen, muß es eine ganz respektable Menge an Karteikarten gewesen sein. Später wurden alle Personalakten, Vorgänge u. ä. aus dem Dienstverkehr in der Kartei ausgewertet und ebenfalls in den großen Karteitrommeln zusammengestellt.

At that time my service office was called “Security Service Head Office”; later many comrades were transferred to the Security Police, others remained at the SD. I spent my first fortnight at the SD, as mentioned, with filing cards. Meanwhile, in a large hall in the Palais new heavy troughs had been set up, twenty or thirty pieces, in which lay columns of filing cards. Every filing card was approximately the size of a book page. There was a Freemasonry file, a file of the U.O.B.B – the “Independent B’nai Brith, ‘sons of the Covenant,’ Order” –, then filing cards of the so-called secret leagues and also a small Jewish file. The filing cards of the Freemasons were yellow, those of the U.O.B.B. were pink to crimson. With my comrade Jänisch, later my external office chief, I went into this filing hall where six or seven comrades were already working. We had to arrange these 100,000 or perhaps 200,000 filing cards in alphabetical order; if eight men had to work around a fortnight long to arrange everything alphabetically, and according to “fine-alphabet,” there must have been quite a respectable number of filing cards. Later, all personal records, events, among other things, from the Service circulation were analysed in the card and likewise stacked in the large card drums.


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Um jene Zeit kamen sehr viele Besucher zu uns, die teils vom Reichsführer, teils von Heydrich und teils von meinem unmittelbaren Vorgesetzten, Sturmbahnführer Brandt, geführt wurden; auch Streicher besichtigte unseren Karteikartensaal einmal, und da es zu den beliebten Scherzen gehörte, daß Besucher einen beliebigen Namen nennen durften, der sofort herausgesucht wurde, forderte man auch Streicher dazu auf. Er nannte den Namen seines Adjutanten; als wir die Karteikarte herausgezogen hatten, stellte es sich heraus, daß dieser ein ehemaliger Logenangehöriger war – da brach Streicher die Besichtigung ab.

Around this time we had many visitors come to us, sent sometimes by the Reichsführer, sometimes by Heydrich, and sometimes by my immediate superior, Sturmbannführer Brandt; even Streicher visited our filing hall once, and, since it was one of the best loved jokes that visitors might name anybody at random who would be immediately looked up, Streicher was also invited to do so. He named one of his Adjutants; when we had pulled out the card, it emerged that this was a former member of a lodge – thereupon Streicher immediately terminated his visit.


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Ich schrieb alles unter dem Motto „Größtmögliche Förderung der jüdischen Auswanderung”. Derartige Leithefte gingen niemals unter dem Namen des Bearbeiters heraus, nur im Begleitschreiben wurden neben der Drucknummer die Sachbearbeiterzeichen angegeben, aber auch nur dann, wenn der Amtschef es so wünschte. – Ich studierte Religionsphilosophie und bemühte mich such, etwas Hebräisch zu lernen. In dieser Zeit des Studiums und der Suche nach konstruktiven Lösungen stand ich stark unter dem Einfluß des alten, überaus liebenswürdigen und sehr gescheiten Professors Dr. Schwarz-Bostumitch. Er kam aus Kiew und tat bei uns als Sturmbannführer Dienst. Er war Mystiker; ich betrachtete ihn als meinen Vorgesetzten und Lehrer. Ich wurde in dieser Zeit von einem militärischen zu einem politischen Offizier. Persönlich hielt ich von dem Mystizismus gar nicht viel, aber meinen Lehrer verehrte ich trotzdem heiß. – Ich hielt mich an das damals Selbstverständliche, nämlich dafür zu sorgen, daß unsere Nachkommen ordentlich leben konnten, und unsere Waffen zu schmieden, je nach Stärke des Widerstandes. Vor allem aber suchte ich die Einordnung in das Ganze des Volkes! Dafür haben wir alles hergegeben, Jugend und Freiheit und viele sogar ihr Leben. Deshalb empört es mich, wenn man die Machtübernahme des Nationalsozialismus als etwas „Verbrecherisches” darstellt: er war rein in seinem Idealismus und in seinen Absichten.

I wrote everything under the motto “Greatest possible promotion of Jewish emigration.” Such Leithefte were never published under the name of the compiler, only in the accompanying letter, the sign of the specialist compiler was given along with the print number, but then only when the office chief wished it. I studied religious philosophy and also made an effort to study Hebrew. During this time of study and the search for constructive solutions I was very much under the influence of the old, extremely lovable and very humble Prof. Dr. Schwarz-Bostumitch. He came from Kiev and served with us as a Sturmbannführer. He was a mystic; I considered him my superior and teacher. During this time my role changed from a military officer to a political officer. Personally I did not think much of mysticism at all, but nevertheless I respected my teacher very much. – I clung to what was then obvious, namely taking care that our descendants could live properly and to forge our weapons according to the strength of the resistance. But above all I stressed our incorporation into the whole of the nation! For that we gave up everything, youth and freedom and many even their lives. That is why it infuriates me when the seizure of power of National Socialism is represented as something “criminal”: it was pure in its idealism and in its intentions.





Ich, Adolf Eichmann: Ein historischer Zeugenbericht, Herausgegeben von Dr. Rudolf Aschenauer, Druffel-Verlag, Leoni am Starnberger See, 1980, ISBN 3-8061-1005-0 (p/b), 3-8061-1004-2 (h/b)




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