Adolf Eichmann’sArgentine Memoirs10 |
Wenn mir nun ein Bericht vorgelegt wird über die mir erst jetzt zur Kenntnis gelangende sog. „Aktion Reinhard”, wobei Lumpen und Garnituren aufgezählt werden sowie die unglaubliche Anzahl von „Tausenden Kilos von Frauenhaar”, so handelt es sich kaum um einen Originalbericht. Ich weiß, daß wegen der Verlausungsgefahr jeder KZ-Insasse, ob Mann oder Frau, geschoren wurde, aber »Tausende Kilos Frauenhaar” und „zugweise Bettfedern” halte ich doch für sehr unwahrscheinlich. Liebehenschel oder Glücks sagten mir einmal, daß in jedem KZ sämtliche Haare entfernt wurden und die Gefangenen mit einer bestimmten Lösung eingerieben wurden, um die Läuse zu töten. Die Frauen bekamen ein Kopftuch. Das ist nichts Besonderes; denn in sämtlichen östlichen Ländern werden den Häftlingen alle Haare abgeschnitten, weil die Laus dort Fleckfieber überträgt. Im ganzen Osten hat man vor keinem Tier einen größeren Respekt als vor der Laus; denn im Gegensatz zu der nur unangenehmen Filzlaus kann die Körperlaus den Tod bringen. Fleckfieber-Epidemien sind viele Insassen von KZs, vor allem im Osten, zum Opfer gefallen. Da mußten manchmal sehr energische Maßnahmen getroffen werden, und ich erinnere mich, daß ich einmal mit Globocnik durch die abgesonderten Baracken eines Fleckfieber-Lagers gegangen bin. Da lagen die Kranken auf bezogenen Strohsäcken; es waren leichtere Fälle, schwer Erkrankte und solche, die gerade gestorben waren oder im Sterben lagen. Da mag auch manchmal die Entscheidung gefallen sein, diese Kranken zu töten, um dadurch der Gefahr einer Ausbreitung der Seuche vorzubeugen. Ein mir erst jetzt hier vorgelegtes Schreiben des Reichsstatthalters im Warthegau, Greiser, bescheinigte die Tötung von Polen, die an offener Tbc litten, falls deren Unheilbarkeit festgestellt und bescheinigt worden war. Der Reichsführer war gebeten worden, die Mittel zur Tötung der unheilbar Kranken zur Verfügung zu stellen. Ich erinnere mich, daß Regierungsrat Däumling im RSHA das Polenreferat leitete und auch mit dieser Geschichte der „offenen Tbc” zu tun hatte. Wie sie ausgegangen ist, kann ich nicht mehr sagen, ebensowenig, ob der Vorschlag genehmigt wurde. Ich war dafür ja nicht zuständig, auch nicht zuständig für die Behandlung der Juden im Warthegau.
A report has just been presented to me on the so-called “Reinhard Operation” that I have only just become aware of, according to which rags and clothes were itemised and which contains the incredible figure of “thousands of kilos of women’s hair,” but it is not an original report. I know that, on account of the danger of lice-infection, every concentration camp inmate, man or woman, was shaved, but I consider “thousands of kilos of women’s hair” and “train-loads of bed springs” however as being very improbable. Liebenschel or Glücks once said to me that in every concentration camp all hair was shaved and the inmates were rubbed with a certain solution in order to kill the lice. The women received a head-scarf. That is nothing special; for, in all eastern countries all the hair of inmates is cut because body lice transmit typhus. Throughout the east there is a greater fear of the louse than of any animal; for, in contrast to the merely unpleasant crab louse, the body louse can cause death. Many inmates of concentration camps, especially in the east, fell victim to typhus epidemics. Then very energetic measures had to be taken, and I remember that I once went with Globocnik through the sequestered barracks of a typhus camp. There the sick lay on upholstered straw mattresses; they were minor cases, seriously ill people and those who had already died or were dying. Sometimes a decision may also have been taken to kill these sick people in order to prevent the danger of a spread of the epidemic. A letter presented to me just yesterday of the Reich Governor in the Warthegau, Greiser authorises the killing of Poles who suffered from open tuberculosis in the case of their incurability being established and certified. The Reichsführer had been requested to provide the means for the killing of the incurably ill. I remember that Councillor Däumling directed the Polish department in the RSHA and was also connected with this story of “open tuberculosis.” I can no longer say how it happened, and neither do I know if the proposal was authorised. I was not responsible for it, nor for the treatment of Jews in the Warthegau.
Ich, Adolf Eichmann: Ein historischer Zeugenbericht, Herausgegeben von Dr. Rudolf Aschenauer, Druffel-Verlag, Leoni am Starnberger See, 1980, ISBN 3-8061-1005-0 (p/b), 3-8061-1004-2 (h/b)